Stiftung&Sponsoring – Teil 36

24 Aug 2022
Ausgabe 04/2022:
Horst Hussel: Ohne Titel (übermalte Reichsbanknote 20 Mark von 1910)
von Hermann Büchner (Berlin)

In Folge 36 der Vorstellung von Werken der Sammlung Haupt im Magazin Stiftung&Sponsoring wird eine Geldscheinübermalung von Horst Hussel vorgestellt.

Übermalte, beschriftete, beschnittene und collagierte Banknoten sind inzwischen zu einem breiten und äußerst vielgestaltigen Segment der Kunst zum Thema Geld avanciert. Künstlerische Aneignung lässt Unikate entstehen, die auf individuelle Weise - spielerisch, humorig, kritisch - das Ausgangsmaterial verfremden.

Von Horst Hussel, geboren 1934 in Greifswald und ab 1961 bis zu seinem Tod im Jahr 2017 in Ost-Berlin als Zeichner, Grafiker, Illustrator und Schriftsteller tätig, befinden sich mehrere Buntstift- und Pinselzeichnungen im Bestand der Geldkunstsammlung Haupt - Beilagen zweier Exklusivausgaben des selbstverlegten Bandes Mein Depot.
In der vorgestellten Arbeit lässt Hussel die Rückseite einer 20-Mark-Banknote des Deutschen Kaiserreichs von 1910 fast völlig in der Übermalung zurücktreten. Aus dem motivischen Quer- ins adaptive Hochformat gestellt, wird aus dem zentralen Emblem der nur ahnbare übergroße Kopf eines skurrilen Männekens mit erhobenen Armen. Ein Strichmännlein, das sich mit dem – durch die Formattransformation gute lesbaren – Spruch so recht nicht abfinden will: »Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht ...«. Der Künstler übrigens auch nicht. Er nimmt Kunstfreiheit für sich in Anspruch und die (an sich wertlosen) und mangels guter Erhaltung auch für Notaphilisten eher uninteressanten Scheine her und nutzt sie einfach als Malgrund, wobei es ihm der 20er von 1910 besonders angetan zu haben scheint: Weitere acht Variationen finden sich in den beiden u. g. Publikationen. Wie in seinem gesamten Werk äußerst sich der Zeichner – in Nachrufen zuweilen der ›erste und letzte Dadaist der DDR‹ genannt – provokant, rätselhaft, ironisch, frisch und unbändig im Duktus ... So auch, wenn es um's Geld geht.

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