Neu in der Sammlung: »die geteilte Frau oder Amerika in der Hochblüte« von Anne Jud

26 Mar 2021

Vielfältige Assoziationen und Deutungsmöglichkeiten bietet ein neu in den Bestand der Sammlung aufgenommenes Blatt der Schweizer Künstlerin, die überwiegend in Deutschland und den USA lebte und arbeitete. In verschiedenen Bereichen und Phasen ihres künstlerischen Schaffens beschäftige sich Jud schon frühzeitig und immer aufs Neue mit dem Thema Geld.
Die 1953 in Kastanienbaum bei Luzern geborene Künstlerin absolvierte zwischen 1972 und 1974 eine Schauspielausbildung in Zürich und Wien und zog 1974 nach Berlin (West).
 
Eine sechsmonatige Studienreise führte sie in 1975/1976 durch Mexiko und die USA. Bereits in dieser Zeit entstanden erste Arbeiten zum Thema Geld, ausgelöst vom allgegenwärtigen Dollar mit seiner - damals noch - schillernden Präsenz. Mit der Überzeichnung und collagierenden Weiterverarbeitung von Banknoten begründete Jud damit für die moderne Kunst der BRD eine Methode, die wenig später auch Joseph Beuys für sich entdecke - und damit wesentlich mehr Bekanntheit erlangte.
 
In zahlreichen Collagen aus der Mitte der 70er Jahre, entstanden während bzw. im Kontext des USA-Aufenthalts, nimmt die 1-Dollar-Note einen zentralen Platz bei Jud ein - mehr oder weniger deutlich noch erkennbar in den Adaptionen.
Mit der vorliegenden Arbeit »die geteilte Frau…« tritt der aufgedoppelte Dollar-Schein, eingebettet in eine grafische Struktur, fast gänzlich hinter der fast formatfüllend collagierten Darstellung zurück, welche sich bei näherem Hinschauen als kolorierte Replik einer quer geteilten Ansichtskarte entpuppt. Diese zeigt eine Dame in - für damalige Zeiten - auffallend knapper Badebekleidung, und steht damit für einen Topos, der sich seit ca. Mitte der 50er Jahre großer Beliebtheit erfreute. Allein der Umgang mit dem Motiv und auch die Titelgebung assoziieren ironisch-verfremdend das Klischee der zersägten Frau, eher bekannt aus der ›Wunderwelt‹ der Magie.

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Abbildung:
Anne Jud: die geteilte Frau oder Amerika in der Hochblüte, 1977, handcoloriert auf Papier, 21 × 29,7 cm, verso signiert und beschriftet, Repro: Hermann Büchner
© Kunstwerkeerhaltungsfond Anne Jud